Montag, 24. Februar 2014

Dissidenten der Arbeiterbewegung - Teil 2: April bis September 2014

1. Lese- und Liederabend über Erich Mühsam


29.04.2014 - Radio F.R.E.I. (Gotthardtstraße 21, Erfurt) - 20:00 Uhr

Achtung - Liederabend fällt aus! Ein neuer Termin wird in Kürze bekannt gegeben.

In einer Lesung aus Tagebüchern und Texten Mühsams wollen wir uns dem Leben und Schaffen des anarchistischen Einzelkämpfers und Bohemiens widmen. Begleitet wird die Lesung von musikalischen Beiträgen und Vertonungen von Gedichten Mühsams.

2. Wochenendseminar zur Geschichte des Anarchismus


09. – 11.05.2014 – Haus der Studierenden 'M 18', Marienstraße 18, Weimar


Unter dem Begriff des Anarchismus gruppiert sich seit dem 19. Jahrhundert eine Vielzahl an politisch-sozialen Strömungen: Kollektivistischer Anarchismus, kommunistischer Anarchismus, Individualanarchismus und Anarchosyndikalismus sind nur einige von ihnen. Obwohl sie sich zum Teil in grundlegenden Fragen widersprechen (etwa in der Beziehung zum Privateigentum oder in der Frage nach der politischen Gewalt), eint sie alle die Ablehnung von Obrigkeitsdenken, Staatlichkeit und Zentralismus sowie ein empathischer Bezug auf die Freiheit. Wir wollen uns im Wochenendseminar einen historischen Überblick über den Anarchismus verschaffen und einen Blick auf aktuelle Entwicklungen im modernen Anarchismus werfen. Wir bitten um eine Anmeldung über biko[at]arranca.de

Programm: 
Freitag, 09.05.2014
– 19:00 Uhr: Einführung ins Wochenende und Vorstellung
– Gemeinsamer Filmabend 
Samstag, 10.05.2014
– 10:00 Uhr Frühstück
– 11:00 Uhr Beginn des Seminars
– Historische Höhepunkte des Anarchismus
– Individualanarchismus und Kommunistischer Anarchismus
– Zur Münchner Räterepublik 
Sonntag, 11.05.2014
– 10:00 Uhr Frühstück
– 11:00 Uhr Beginn des Seminars
– Rudolf Rocker und der Anarchosyndikalismus
– Aktuelle Entwicklungen im Anarchismus
 Zum Nachhören - Rudolf Rocker und der Anarchosyndikalismus:



3. Ein Bürgerkrieg in Deutschland - Zu Theorie und Praxis des antiautoritären Kommunismus 1914 - 1923


19.06.2014, [L50] (Lasallestraße 50, Erfurt), 20:00 Uhr - Vortrag von Seb Bronsky

»Andere mögen ihr: ›Nur nicht zu viel! Nur nicht zu früh!‹ plärren. Wir werden bei unserem: ›Nur nicht zu wenig! Nur nicht zu spät!‹ beharren.« [Karl Liebknecht, Die Frage des Tages, geschrieben im Knast 1918]

Die russische Oktober-Revolution, die Bolschewiki, allen voran Lenin wurden von den deutschen Kommunisten bewundert, begeistert waren auch die antiautoritären Kommunisten von dem Maximalismus, der nicht nur den 1. Weltkrieg beenden, sondern ihn in einen Bürgerkrieg umwandeln wollte; es schien, mit der sozialistischen Weltrevolution würde endlich ernst gemacht. Zwei, spätestens drei Jahre später war von dieser Bewunderung nicht mehr viel übrig, Bolschewiki und deutsch-holländischer Rätekommunismus waren auseinandergegangen. Lenin warf den Antiautoritären unter den Kommunisten vor, sie wären eine utopistische Kinderkrankheit des Kommunismus, die Antiautoritären sahen in Sowjetrußland nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die staatskapitalistische Despotie der bolschewistischen Partei.

Der Vortrag möchte auf drei Ebenen vorgehen: Erstens soll an die wirkliche Bewegung in Deutschland erinnert werden, das heißt nicht nur an die proletarischen Kämpfe gegen den Weltkrieg und die November-Revolution, sondern mehr noch an den heute weitgehend vergessenen, anschließenden Bürgerkrieg. Zweitens an die revolutionären Organisationen: vom Spartakusbund und den Internationalen Kommunisten Deutschlands zur Kommunisten Partei und deren erster Spaltung; von der Kommunistischen Arbeiter-Partei und der Allgemeinen Arbeiter Union, die erst nach tausenden zählten und von denen 1923 nur noch heillos zerstrittene Grüppchen übrig waren. Drittens soll die aus diesen Kämpfen und Auseinandersetzungen hervorgegangene Gesellschaftskritik, das was man heute Links- oder Rätekommunismus nennt, vorgestellt werden, ihre historischen Verdienste wie auch ihre Schwächen und Fehler.


4. LESUNG: FRANZ JUNG


18.09.2014 - "LADEN" T5 (Trierer Straße 5, Weimar), 20:00 Uhr

Es lesen Agenten des Bureaus für mentale Randale & friends aus der Autobiografie des Linkskommunisten, Expressionisten und Abenteurers Franz Jung. Das Publikum erwartet einige Perioden aus dem Flug des Torpedokäfers:

»Ich habe den Flug unzählige Male in mir selber erlebt, bei Tag und bei Nacht. Das Ende ist immer das gleiche gewesen: Anprall, Sturz, Kriechen am Boden, sich zurückbewegen zum Ausgangspunkt, zum Startplatz -- mit Mühe und jedesmal unter größeren Anstrengungen. / Die Wand, gegen die der Käfer anfliegt ist solide gebaut. Generationen von Menschheit stehen dahinter. Möglicherweise ist die schmale Öffnung, die angepeilt wird und die noch von Zeit zu Zeit aufleuchtet, vorher wie nachher, nur ein Trugbild und sie besteht in Wirklichkeit nicht. In der Folge von Generationen wird sie erst geschaffen, in Opfern herausgemeißelt und aufgesprengt werden. / Es ist nicht die Frage der Zweckmäßigkeit, der besseren Vorbereitung, der Erfahrung, aus der etwas zu lernen wäre -- es ist das Ziel, und das Ziel wird immer das gleiche sein: nichts zu verbessern, nichts zu lernen.«

5. Alexandra Kollontai und die Familie im Sozialismus


16.10.2014 - Infoladen Jena (Schillergäßchen 5, ganz oben) - Vortrag von Felicita Reuschling

Alexandra Kollontai (1872-1952) war eine russische Revolutionärin: Nach einer längeren Zeit im europäischen Exil kehrte sie 1917 nach Russland und kämpfte zusammen mit den Bolschewiki. Nach deren Sieg wurde sie die erste Frau im ZK, wo sie zunächst eine extrem liberale und feministische Familienpolitik durchsetzen konnte, die z.b. Abtreibung und vereinfachte Scheidung beinhaltete und die Funktionen der Familie weitgehend der sozialistischen Gesellschaft überantworten sollte. Ihre Stellung zum Stalinismus war ambivalent: Einerseits war sie Anhängerin Stalins und überlebte die stalinistischen Säuberungen (was für Bolschewisten der ersten Stunde in den höheren Etagen eine absolute Seltenheit war), andererseits kritisierte sie die Bürokratisierung unter Stalin. Ihre Familienpolitik wurde im Rahmen der forcierten Industrialisierung in den 1930ern weitgehend in Richtung einer „Festigung der Familie“ revidiert. Dies mag der Grund dafür sein, dass sie ab den 1920'er Jahren als weltweit erste Diplomatin im Ausland arbeitete.

In dem Beitrag setzt sich die Referentin Felicita Reuschling mit Kollontais Thesen zur Politik der Familie im Kommunismus auseinander, die sich programmatisch an Engels und Bebel orientierten und das Absterben der Familie propagierten. Auch für die frühe Phase ihrer erfolgreichen feministischen Familienpolitik wird deutlich, wie stark die gesamte Vorstellung von einer zukünftigen kommunistischen Familie, von dem Konzept einer „gesellschaftlichen Industrie“ geprägt war. Besonders bei der Frage gesellschaftlicher Reproduktion werden die problematischen Bewertungen marxscher Werttheorie von „produktiver“ und „unproduktiver Arbeit“deutlich, die zugleich typisch für die Arbeiterbewegung zu Beginn des 20.Jh. waren. Bekanntlich sind aber im Folgenden weder der sozialistische Staat, noch die Familie „abgestorben“, sondern in einen autoritären Staatskapitalismus transformiert worden. Abschließend wird deshalb vorgestellt, wie sich Familie und Geschlechterverhältnis in der späteren Sowjetunion entwickelten.

Felicita Reuschling (Kulturarbeiterin, Autorin und Mitglied des HerausgeberInnen-Kollektivs kitchen politics, Berlin)

6. Über Leben und Werk von Sylvia Pankhurst


Irgendwann in Weimar (weitere Infos folgen)

Sylvia Pankhurst war Mitbegründer der englischen Suffragettenbewegung, die für Frauenrechte kämpfte. Sie war eine wichtige Figur des Linkskommunismus im englischen Raum und formulierte eine Kritik des Parlamentarismus aus kommunistischer Perspektive. Im Vortrag soll ein Überblick über Leben und Werk Sylvia Pankhursts gegeben werden.

7. Offenes Treffen zur Auswertung und Weiterplanung der Veranstaltungsreihe "Dissidenten der Arbeiterbewegung"


18.12.2014 - [M18] (Marienstraße 18, Weimar) - 18:00 Uhr

In einem offenen Treffen wollen wir über wichtige Aspekte der Veranstaltungsreihe sprechen und schauen, welche Perspektiven in den vergangenen Veranstaltungen eröffnet wurden. Außerdem wollen wir anhand der diskutierten Fragen weitere Veranstaltungen für das Jahr 2015 planen. Ihr seid herzlich dazu eingeladen, an diesem offenen Treffen teilzunehmen!

Die Veranstaltungsreihe Dissidenten der Arbeiterbewegung ist eine Kooperation der Falken Erfurt und des Bildungskollektivs und wird unterstützt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung Thüringen.

Mittwoch, 9. Januar 2013

Dissidenten der Arbeiterbewegung - Teil 1: Mai bis Juli 2013

1. »Ergriffen vom Strudel der Arbeiterbewegung«. Johann Most und sein Verhältnis zu Sozialdemokratie, Marxismus und Anarchismus

23. Mai, [L50] (Lasallestraße 50, Erfurt), 20:00 Uhr - Vortrag von Bernd Löffler (BiKo) und Lukas Holfeld (BiKo)

Johann Most (1846 - 1906) stieß früh zur revolutionären Arbeiterbewegung, saß für die Sozialdemokratie im Reichstag und für seine Überzeugung in den Knästen Österreichs, Deutschlands, Großbritanniens und der USA. Während der Zeit des Sozialistengesetzes kam es zum offenen Konflikt mit der sozialdemokratischen Parteiführung und Most entwickelte sich zum anarchistischen Agitator. Zeit seines Lebens hat Most eine unermüdliche Energie für den Kampf um politische und soziale Emanzipation der Arbeiter an den Tag gelegt, was ihm gleichermaßen Freunde und Feinde schuf, für ihn oft aber auch bedeutete, auf einem einsamen Posten zu stehen. Im Vortrag soll seine Biografie skizziert und dabei insbesondere ein Fokus auf sein Verhältnis zur Sozialdemokratie und Marxismus sowie seine Stellung innerhalb der anarchistischen Bewegung gelegt werden.



2. Wochenendseminar zur Staatskritik

14.-16. Juni, Marienstraße 18, Weimar

Im Seminar wollen wir uns einen Begriff des modernen Nationalstaats und Aspekte einer gegenwärtigen Staatskritik erarbeiten. Was zeichnet moderne Staatlichkeit aus? Wie hat sie sich historisch herausgebildet? Wo beginnt der Staat, wo hört er auf? In welchem Verhältnis steht der Staat zum Privateigentum und zur Ökonomie überhaupt? Ist der moderne Staat ein Klassenstaat oder steht er über den einzelnen Klassen? In welchem Verhältnis steht der Staat zur Gewalt? Diese Fragen wollen wir diskutieren und in gemeinsamer Lektüre versuchen, sie zu beantworten. Es sind keine Vorkenntnisse nötig, eine Anmeldung zum Seminar ist erwünscht (biko[at]arranca.de).

Reader zum Seminar
Ralph Milibrand: Marx und der Staat

3. Die orthodoxesten aller Marxisten. Der Rätekommunismus zwischen Bolschewismuskritik und marxistischer Dogmatik

12. Juli, Marienstraße 18 (Weimar), 20:00 Uhr - Vortrag von Hendrik Wallat

Die Rätekommunisten stellten diejenige Fraktion der marxistischen Arbeiterbewegung, die am konsequentesten mit den politischen Verkehrsformen bürgerlich-kapitalistischer Vergesellschaftung brach und die Leitidee der Arbeiterselbstbefreiung gegen die Parteiapparate der Sozialdemokratie und des Bolschewismus verteidigte. Dies ist ihr historischer Verdienst, den kleinzumachen kein Anlass besteht. Der Kritik an der bolschewistischen Parteidiktatur zum Trotz waren die Rätekommunisten gleichwohl in einer marxistischen Dogmatik befangen, die bisweilen ihres gleichen sucht: Ihr politisches Denken war beherrscht von einer ökonomistischen Geschichtsphilosophie und einer proletarischen Arbeitsontologie. Der Vortrag will zeigen, dass diese Orthodoxie nicht nur die Grenzen rätekommunistischer Bolschewismuskritik markiert und die Blindheit gegenüber der nationalsozialistischen Konterrevolution bedingt, sondern auch die rätekommunistische Konzeption von Emanzipation verengt.

[ACHTUNG: Krankheitsbedingt musste Hendrik Wallat den Vortrag am 12. Juli leider absagen. Wir versuchen bald einen neuen Vortragstermin anzusetzen und informieren euch dann darüber. Das Tagesseminar am Samstag wird trotzdem stattfinden - hierfür treffen wir uns am 12. Juli zur selben Zeit am selben Ort, um gemeinsam inhaltlich einzusteigen.]

4. Tagesseminar zur linken Bolschewismuskritik

13. Juli, Marienstraße 18 (Weimar), 20:00 Uhr

Im Seminar wollen wir gemeinsam mit Hendrik Wallat die Auseinandersetzung mit der linkskommunistischen und rätekommunistischen Kritik am Bolschewismus vertiefen. Insbesondere wollen wir dabei auch in den Blick nehmen, wie der Bolschewismus weltweit ein Bild seiner selbst erzeugen konnte, die einzig legitime Form revolutionärer Arbeiterbewegung darzustellen. Vorkenntnisse sind nicht nötig, eine Anmeldung zum Seminar ist erwünscht (biko[at]arranca.de).

5. Zur Geschichte der Arbeiterbewegung und dem Verhältnis der »offiziellen« Bewegung zur »Dissidenz«

8. August, ACC Galerie Weimar 20:00 Uhr - Vortrag von Jörg Wollenberg

»Ganz Deutschland sieht auf uns. Ganz Europa sieht auf uns!« Das verkündeten die Anhänger der »Arbeiterpolitik«, als sie am 10. Januar 1919 die Bremer Räterepublik ausgerufen hatten. Nach der Zerschlagung der Sozialistischen Republik am 4. Februar 1919 finden die Anhänger dieser Gruppe um Johann Knief, Anton Pannekoek, Paul Frölich oder Heinrich Brandler ebenso nach 1920 in der KPD, der KAPD oder bei den Syndikalisten wie in der USPD, SAP oder KPDO und bei den »Roten Kämpfern«. Weil sie den Kontakt zu den beiden »offiziellen« Hauptrichtungen der deutschen Arbeiterbewegung nicht gänzlich abreißen ließen, gewannen diese Anhänger von Rosa Luxemburg als »Dissidenten« besonders im Widerstand gegen den Faschismus und erneut nach 1945 Einfluss auf die Politik in beiden deutschen Staaten. Sie versuchten mit ihren basisdemokratischen Vorstellungen von »Freiheit und Sozialismus« die politische Neuordnung in einem sozialistischen europäischen Deutschland (erneut vergeblich) zu prägen. Und dennoch gelang einigen dabei eine erstaunliche Karriere im Bereich von Wissenschaft, Kultur und Politik. Einer von ihnen wurde gar mit »Mehr Demokratie wagen« Bundeskalnzler der BRD.